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Guibert von Nogent

Guibert von Nogent: Die Autobiographie

Titelinformation "Guibert von Nogent: Die Autobiographie"

Eingeleitet von Walter Berschin
Ins Deutsche übersetzt und kommentiert von Elmar Wilhelm

Diese von dem hochbegabten und umfassend gebildeten nordfranzösischen Adelsspross Guibert von Nogent (* ca. 1055; 1104 Abt der Benediktiner von Nogent; † ca. 1124) verfasste Autobiographie, von ihm selbst absichtsvoll-verfremdend „Über sein Leben“ (De vita sua) betitelt (auch „Monodiae“ benannt), ist die erste Autobiographie des Mittelalters, die als realistischer Augenzeugenbericht über das Alltags- und Geistesleben seiner Zeit und als eine historische Quelle hohen Ranges gelten kann. Vom mittelalterlichen Alltags- und politischen Leben berichtet und kommentiert Guibert unmittelbar und mit meisterhafter, spürbarer Erzählfreude. Dabei wechseln Tragisches, Brutales, Komisches und auch Amüsantes einander ab. Die Selbstbiographie enthält detailreiche Schilderungen aus dem Leben der Kirche im Allgemeinen wie im Besonderen in den Klöstern (wie z.B. der Gründung der Grande Chartreuse, des Mutterklosters der Kartausen), Berichte von der Hinwendung frommer Adliger zu einem klösterlichen Leben genauso wie von unechter Frömmigkeit (die prompt bestraft wird) und frivolem Fehlverhalten lästerlicher Mönche. Aber auch Wundergeschichten spielen eine Rolle, denen gleichzeitig mit fast aufklärerisch anmutender Kritik begegnet wird. Diese Wunder, Visionen und Wahrträume, die dem Menschen den Weg zur Erlösung zeigen sollen, Gespenstergeschichten, in denen die Wut des Teufels gegenüber Unschuldigen offenbar wird – also das Wüten der Teufel gegen die Schöpfung Gottes –, dies alles ist eingebettet in das persönliche Schicksal eines fast unbekannten Abtes eines kleinen, heute bis auf wenige Reste verschwundenen Klosters in der Nähe der damals bedeutenden Stadt Laon in der Picardie.

Die hinsichtlich Stil, Wortwahl und Grammatik unorthodox niedergeschriebenen Lebenserinnerungen liegen hier erstmals in einer deutschen Übersetzung vor, welche einerseits um Lesefreundlichkeit bemüht ist, andererseits ihre Eleganz sowie die gelegentlich sarkastische Ironie mitschwingen lässt.– Das Buch ist wegen seiner reichen Stofffülle eine hervorragende Quelle für Theologen, Historiker, Psychologen, Latinisten – und alle, die aus nächster Nähe mehr über die Welt vor eintausend Jahren erfahren wollen.

Inhalt "Guibert von Nogent: Die Autobiographie"

Einleitung
Anmerkungen des Übersetzers
Bibliographie (Auswahl)
Besondere Abkürzungen
Guibert von Nogent Die Autobiographie

Buch I: Kindheit und Jugend
Kapitel I: Das Sündenbekenntnis
Kapitel II: Guiberts Mutter: schön und keusch
Kapitel III: Die Geburt Guiberts
Kapitel IV: Guiberts Erziehung in der frühen Kindheit
Kapitel V: Die Erziehung durch den grammaticus
Kapitel VI: Die Entscheidung Guiberts für ein Leben als Kleriker
Kapitel VII: Die Suche der Familie nach einer Pfründe für Guibert
Kapitel VIII: Das mönchische Leben in der Zeit Guiberts
Kapitel IX: Die Umkehr Évrards
Kapitel X: Simon, Graf und Mönch
Kapitel XI: Bruno von Köln und die Gründung der Chartreuse
Kapitel XII: Die nicht vollzogene Ehe der Eltern – die Aufhebung dieses Fluches
Kapitel XIII: Der Tod des Vaters
Kapitel XIV: Der Rückzug der Mutter ins Kloster
Kapitel XV: Guiberts Entschluss, Mönch zu werden
Kapitel XVI: Guiberts Entscheidung – seine Anfänge im Kloster von St. Germer
Kapitel XVII: Schriftstellerische Anfänge: Erotisches und Hinwendung zur Heiligen Schrift
Kapitel XVIII: Visionen der Mutter
Kapitel XIX: Guiberts Wahl zum Abt
Kapitel XX: Der Mönch Suger und der Teufel
Kapitel XXI: Ein unehrlicher Mönch
Kapitel XXII: Ein habgieriger Mönch
Kapitel XXIII: Ein dreifaches Strafgericht durch Blitzschlag im Kloster von Fly
Kapitel XXIV: Wunderbare Ereignisse in der Picardie
Kapitel XXV: Der Mönch Otmund
Kapitel XXVI: Das Schicksal zweier Mönche, die sich mit dem Teufel einließen

Buch II: Guibert als Abt in Nogent – Der Tod der Mutter
Kapitel I: Die Ursprünge des Klosters von Nogent – Die Legende vom heiligen König Quilius
Kapitel II: Die ersten Äbte von Nogent
Kapitel III: Guiberts Einführung als Abt – seine erste Predigt dort
Kapitel IV: Der Tod der Mutter Guiberts
Kapitel V: Ein jüdischer Junge wird Mönch – Teufel quälen fromme Mönche
Kapitel VI: Teuflische Arglist und teuflische Qualen

Buch III: Laon: Königsstadt – Bischofsstadt – Kommune
Kapitel I: Die Bischöfe von Laon: Adalbero
Kapitel II: Helinand
Kapitel III: Ingelrannus
Kapitel IV: Bischof Galdricus – seine Wahl
Kapitel V: Die Ermordung Gerhards
Kapitel VI: Eine Predigt Guiberts bei der Rekonsekration der Bischofskirche und die Rückkehr des Bischofs Galdricus nach Laon
Kapitel VII: Die Kommune von Laon – Der Beginn der Unruhen
Kapitel VIII: Aufruhr in Laon – Die Ermordung des Bischofs Galdricus
Kapitel IX: Tod des Radulfus – Brand der Kirche – Flucht vornehmer Frauen
Kapitel X: Die Bestattung des Bischofs Galdricus und weiterer Vornehmer
Kapitel XI: Thomas de Marle – Die Plünderung der Stadt Laon
Kapitel XII: Gott zerstört die Mauer an der Stelle des Bischofsmordes – Wunderheilungen bei einer Reliquienprozession
Kapitel XIII: Reliquiendarstellung in England – Wunder in Laon
Kapitel XIV: Thomas de Marle
Kapitel XV: Die Ermordung einer Äbtissin – Das Schicksal des Diebes Anselm
Kapitel XVI: Eine gottlose Mutter und ihr gottloser Sohn, Johannes von Soissons
Kapitel XVII: Ein Prozess gegen Häretiker aus Soissons
Kapitel XVIII: Wundertaten der Muttergottes in der Picardie
Kapitel XIX: Weitere Wundergeschichten – Von Sündern und ihrer Bestrafung
Kapitel XX: Weitere Wunder der Heiligen und der Jungfrau Maria

Register der Personen- und geographischen Namen

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Eingeleitet, übersetzt und kommentiert von Elmar Wilhelm„Wenn die Paladine von den Geschäften des Hofes herabsteigen, erschöpft durch die ungeheure Last königlicher Aufgaben, dann lieben sie es, sich zu den Gesprächen einfacher Leute herabzubeugen und durch kurzweiliges Spiel das Gewicht ernster Angelegenheiten zu erleichtern.“ So beschreibt Walter Map (ca. 1140 – 1209) mit feiner Ironie im Prolog zum dritten der fünf „Bücher“ die Flausen der Höfl inge am Hofe Heinrichs II. von England. Umfassend gebildet – der Autor hatte in Paris Theologie und Rechtswissenschaft studiert –, hatte Map binnen kürzester Zeit eine bedeutende Stellung als Reiserichter am königlichen Hof erreicht und war schließlich Archidiakon in Oxford geworden. In seinen wenigen Mußestunden mag er sich Notizen zum Alltag seiner Landsleute (er war Waliser) wie über die Erlebnisse im königlichen Dienst und auch über die Ordensgemeinschaften gemacht haben, die in seiner Zeit großen Aufschwung genommen hatten. Wir verdanken ihm detaillierte Einblicke in das Ordensleben, wobei besonders die Zisterzienser sarkastischer Kritik unterzogen werden, Anekdoten und Gespenstergeschichten, wie sie im Volk beliebt waren, aber auch novellenartige Erzählungen und komödienartige Darstellungen, etwa über das vergebliche Werben einer liebeskranken Königin um einen edlen Jüngling. In Maps Geschichten blitzt immer wieder Ironie und scharfer Spott auf, was seinen Ruf als Satiriker begründet haben dürfte.Die Einleitung stellt Leben und Werk Walter Maps vor, behandelt die schwierige Werküberlieferung und Fragen des Übersetzens. Die fünf Bücher der hier erstmals ins Deutsche übertragenen Prosaerzählungen sind mit knappen Verständnis und Hintergrundinformationen versehen, und das Register der wichtigsten Personen- und Ortsnamen veranschaulicht die weiten historischen, geographischen, religionsgeschichtlichen, biblischen und mythologischen Horizonte seiner bunten Geschichtensammlung.Vom selben Bearbeiter ist in der BML erschienen:Band 10: Guibert von Nogent: Die Autobiographie(De vita sua). 2012. XXVII, 228 Seiten. Geb.ISBN 978-3-7772-1204-3

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