Zum Hauptinhalt springen Zur Suche springen Zur Hauptnavigation springen
Cornelia Scherer

Der Pontifikat Gregors IV. (827 – 844)

Vorstellungen und Wahrnehmungen päpstlichen Handelns im 9. Jahrhundert

Titelinformation "Der Pontifikat Gregors IV. (827 – 844)"

Bisher konzentrierten sich Forschungen zu Papst Gregor IV. (827-844) vor allem auf seine Reise ins Frankenreich im Jahr 833 und befassten sich davon ausgehend mit der Frage des Verhältnisses von Papsttum und Kaisertum im 9. Jahrhundert. In dieser Untersuchung wird nun erstmals der Pontifikat Gregors IV. umfassend und unter Beachtung aller Quellen dargestellt. Das Quellenmaterial lässt sich nach den Entstehungsorten in drei Gruppen einteilen: römisch, italisch und fränkisch. Jede dieser Gruppen berichtet unterschiedlich über das päpstliche Handeln, denn die Autoren hatten je eigene Vorstellungen vom Papsttum, die bestimmten, was und wie über Gregor IV. geschrieben wurde. In den römischen Quellen erscheint der Papst als souveräner Stadtherr. Die Vita des Papstes im Liber pontificalis berichtet vor allem über seine umfangreichen Bauten und Schenkungen in der Stadt und ihrem Umland. Die römischen Texte zeichnen das Bild einer päpstlichen Stadtherrschaft, bei der die Karolinger, die als Kaiser die Oberherrschaft in Rom hatten, keine Rolle spielten. Die Wahrnehmung des päpstlichen Handelns auf der italischen Halbinsel war abhängig von der Rolle, die Gregor IV. gegenüber den Berichtenden innehatte. Obwohl es hin und wieder zu Konflikten zwischen dem Papst und einzelnen Bischöfen oder Klöstern kam, lassen die Quellen doch auf eine funktionierende Zusammenarbeit schließen, was sich in der Wahl der päpstlichen Gesandten aus diesem Personenkreis zeigt. Die Kooperation mit Kaiser Lothar I., dem Karolinger auf der italischen Halbinsel, gestaltete sich hingegen schwierig, da dieser unter anderem auf Kirchenbesitz zurückgriff, um sein Gefolge auszustatten. Die päpstlichen Kontakte zu Ludwig dem Frommen waren durch den Willen zur Zusammenarbeit geprägt. Selbst im Konflikt zwischen dem Kaiser und seinen Söhnen, der Gregors Reise über die Alpen bedingte, wurde die Kommunikation aufrechterhalten. Was der Papst allerdings mit seiner Reise über die Alpen bezweckte, bleibt unklar: Die fränkischen Historiographen berichten von Absichten des Papstes, die jeweils zur Intention des Autors passen, die römischen Quellen schweigen und ein Brief Gregors IV. an die fränkischen Bischöfe, der bisher als päpstliche Absichtserklärung gelesen wurde, ist wohl eine Fälschung. An dieser Episode wird besonders deutlich, wie der Papst zur Projektionsfläche für die eigenen Anliegen wurde. Nach dem Tod Ludwigs des Frommen ist nur noch ein Kontakt zwischen dem Papst und den Karolingern bezeugt. Folglich ist die Ansicht, der Verfall des Karolingerreiches habe per se den päpstlichen Einfluss nördlich der Alpen gestärkt, nicht haltbar. Der Bedeutungszuwachs der Päpste im 9. Jahrhundert scheint mehr einer allgemein fränkischen Rom-Orientierung geschuldet, wie die Übernahme römischer Liturgiepraktiken oder der Erwerb römischer Reliquien zeigen. Für die Klöster nördlich der Alpen war der Papst Rechtsgarant, so dass auf Gregor IV. Privilegien gefälscht wurden. Dies alles geschah jedoch nicht aus päpstlicher Eigeninitiative, sondern auf Anfrage von außen hin. Die detaillierte Analyse der Quellen zeigt, wie sehr die Darstellungsabsichten einzelner Autoren das Bild päpstlichen Handelns in diesen ereignisreichen Jahren prägten. Zudem wird deutlich, dass in dieser Zeit die Orientierung an römisch-päpstlichen Praktiken zunahm. Somit ist schon in der Regierungszeit Gregors IV. die Basis für den Aufstieg des Papsttums in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts auszumachen. Dieser machte die Päpste zunehmend zur Entscheidungsinstanz in politischen und juristischen Fragen. Das Buch enthält fünf Abbildungen, sieben Diagramme, ein ausführliches Quellen- und Literaturverzeichnis sowie ein Register der Orts- und Personenname.